. Bockenheims Bauern fanden von früh her Absatz für ihre Erzeugnisse und Produkte, sie hatten auch einen eigenen Standplatz („hinter dem Lämmchen“) auf dem Frankfurter Markt in der Altstadt. Heu war ein ganz besonders gesuchter Artikel für Frankfurts Kutscher, Gast- & Posthalter. Die Wiesen in Bockenheim standen daher um 1/5 höher im Preis als die Äcker.

Frankfurts älteste Gebäude sind aus dem behaubaren Bockenheimer Basalt gebaut; die Steinmetzen lieferten diesen in Form von „Zahlsteinen, Greden (Stufen), Ort- und Quader- & Schalsteinen“ noch bis 1900. Während in Frankfurt ein strenger Zunftzwang die Zahl der Meister sehr beschränkte & sie zu einer übermäßigen Steigerung ihrer Preise ermunterte, bildete die seit 1822 in Bockenheim bestehende Gewerbefreiheit ein heilsames Gegengewicht dagegen; namentlich hatten Schneider & Schumacher zahlreiche Kunden aus Frankfurt. Einen mächtigen Aufschwung nahm jetzt auch die Industrie: 1820 war die große Kutschenfabrik (Chaisenfabrik) von Wagner & Reifert mit 100 Arbeitern in Bockenheim eröffnet worden, die sich später auf Eisenbahnwaggons umstellte. Von Jahr zu Jahr folgten neue Betriebe, so 1827 für Wachstuch, Lampen & Weingeist, 1832 Portefeuillewaren, 1834 Stühle, 1836 Strohhüte, 1839 Tabak, 1840 eine Hasenhaarschneiderei, 1842/43 drei Klavierfabriken, 1844/45 Metallvergolderei & Metallperlenfabriken, 1845 Drahtweberei & Bierbrauerei, 1846 Fabriken für Billards, Korsetten, Tonziegel & Marmorplatten. Weiter hatten die große Gold- & Silberscheideanstalt zu Frankfurt & die Chemische Fabrik Elektron in Griesheim a.M. hier ihre Wiegen (1853). Es kamen hinzu eine Gas- & 1866 eine Nähmaschinenfabrik. Bis zur Eingemeindung 1895 kamen noch weitere 30 Betriebe mit ca 2.500 Arbeitern hinzu: Öfen & Herde, Ventilatoren, kleine Dampfmaschinen, Transmissionen, Schuhmaschinen, Mühlbauanstalten, Schmirgel, elektrische Beleuchtungs- & Gasapparate, Meßapparate, eine Korkfabrik, Metallarbeiten (Standbilder) u.a. – Die Kunstgärtnerei der Gebr. Siesmayer, die Schöpfer berühmter Parks & Kuranlagen, begannen hier in Bockenheim.

 

Der obige Text basiert auf einem Vortrag Heinrich Ludwigs zur „Geschichte Bockenheims“.
Quelle: 7 maschinengeschriebene Blätter im Nachlass Heinrich Ludwigs (Institut für Stadtgeschichte)